Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren haben die Behandlungsmöglichkeiten für B-Zell-Lymphome erheblich verbessert. Durch Hemmung der Bruton-Tyrosinkinase wird die Proliferation und Reifung der B-Zellen behindert und ihre Aktivität im Rahmen der Immunantwort moduliert.
Bruton-Tyrosinkinase (BTK)-Inhibitoren werden entweder als Monotherapeutika, oder in Kombination mit Hemmern des Proteins B-Cell Lymphoma 2 (Bcl-2) oder monoklonalen Antikörpern eingesetzt. Sie bieten die Möglichkeit der chemotherapiefreien Behandlung von B-Zell- Lymphomen und werden in der Erstlinientherapie verwendet, wenn Patienten für eine Chemoimmuntherapie ungeeignet sind.
Wichtige Anwendungsgebiete sind folgende B-Zell-Lymphome:
Die Bruton-Tyrosinkinase (BTK) findet sich in vielen Blutzellen, einschließlich B-Zellen, Makrophagen, Granulozyten und Mastzellen.
Bei der Reifung und Proliferation von B-Zellen spielt die Bruton-Tyrosinkinase eine wichtige Rolle. Sie bindet an Phosphatidylinositol-3,4,5-trisphosphat (PIP3), wodurch die Phospholipase C phosphoryliert wird. Phospholipase C hydrolysiert Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat (PIP2) in zwei Second messenger, Inositoltriphosphat (IP3) und Diacylglycerol (DAG). Diese Second Messenger modulieren die Aktivität der B-Zelle im Rahmen der Immunantwort.
BTK- Inhibitoren hemmen die Bruton-Tyrosinkinase, indem sie an Cystein 481 innerhalb der ATP-Bindungsdomäne binden. Die Bindung der drei zugelassenen BTK-Inhibitoren Ibrutinib, Acalabrutinib und Zanubrutinib ist kovalent und irreversibel [1].
Pharmakokinetik
BTK-Inhibitoren werden durch das Cytochrom-P450-Enzym CYP3A4 metabolisiert. Das kann zu Wechselwirkungen mit Arzneimitteln führen, die als CYP3A4-Hemmer oder -Induktoren wirken.
Ibrutinib ist oral bioverfügbar und besitzt eine Halbwertszeit von vier bis 13 Stunden. Die BTK-Hemmung kann über 24 Stunden nach der Einnahme bestehen.
Dieser BTK-Inhibitor der ersten Generation hemmt auch andere Kinasen, was zu Ibrutinib-assoziierten Toxizitäten führen kann [5].
Acalabrutinib besitzt eine absolute Bioverfügbarkeit von 25% und eine Halbwertszeit von ein bis zwei Stunden [3].
Zanubrutinib erreicht nach etwa zwei Stunden seinen maximalen Plasmaspiegel und hat eine Halbwertszeit von zwei bis vier Stunden [6].
Acalabrutinib und Zanubrutinib sind BTK-Inhibitoren der zweiten Generation. Ihre Wirkung ist im Vergleich zu Ibrutinib spezifischer auf die Bruton-Tyrosinkinase ausgerichtet, wodurch sie ein besseres Sicherheitsprofil haben.
Dosierung
Ibrutinib: 420 mg einmal täglich bei CLL und Morbus Waldenström, 560 mg einmal täglich bei Mantelzelllymphom
Acalabrutinib: 100 mg alle zwölf Stunden entsprechend einer Tagesgesamtdosis von 200 mg
Zanubrutinib: 320 mg einmal täglich, oder 160 mg zweimal täglich
Nebenwirkungen
Wichtige Nebenwirkungen der drei BTK-Inhibitoren umfassen:
Die Behandlung mit Acalabrutinib und Zanubrutinib kann zudem zu einem erhöhten Auftreten von sekundären Primärtumoren einschließlich Hautkrebs und weißem Hautkrebs führen [3,6]. Unter Ibrutinib wurde über gehäuft Fälle von nicht-melanozytärem Hautkrebs berichtet [2].
Wechselwirkungen
BTK-Inhibitoren werden von CYP3A4 metabolisiert, daher sind entsprechende Wechselwirkungen mit CYP3A4-Inhibitoren und -Induktoren möglich.
CYP3A4-Inhibitoren
CYP3A4-Hemmer erhöhen die Konzentration der BTK-Inhibitoren im Blut, daher sollte bei gleichzeitiger Anwendung von moderaten, sowie starken CYP3A4-Inhibitoren eine Dosisreduktion erfolgen.
Die Anwendung von CYP3A4-Induktoren verringert die Konzentration der BTK-Inhibitoren im Blut, daher sollten diese Substanzen während der Therapie vermieden werden. Zu den Induktoren gehören:
Alle drei BTK-Inhibitoren sind bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff sowie in der Schwangerschaft kontraindiziert. Es liegen keine Daten zur Anwendung der Wirkstoffe in der Schwangerschaft vor. Die Behandlung sollte zudem in der Stillzeit unterbrochen werden, da unbekannt ist, ob BTK-Inhibitoren oder ihre Metaboliten in die Muttermilch übergehen.
Alternativen
Die CLL kann alternativ mit Chemotherapie, Antikörpern (z.B. Anti-CD20-Antikörpern), oder spezifischen Inhibitoren (gegen Pi3K oder BCL2) behandelt werden [10].
Marginalzonenlymphome können alternativ u.a. mit Zytostatika, zielgerichteter Tumortherapie, Bestrahlung oder mit Antiinfektiva behandelt werden. Die spezifische Therapie ist abhängig von der Lokalisation, Ausbreitung und Symptomatik [11].
Die Therapie des Morbus Waldenström richtet sich nach dem Allgemeinzustand und eventuell vorhandenen Komorbiditäten des Patienten. Es stehen folgende Therapieoptionen zur Verfügung:
Weitere Wirkstoffe der Klasse befinden sich noch in der Entwicklung bzw. Prüfung (z. B. Evobrutinib, Orelabrutinib, Remibrutinib).
Hinweise
Derzeit werden BTK-Inhibitoren als Langzeittherapie verabreicht, was insbesondere zu Arzneimittelresistenzen und unerwünschten Wirkungen führen kann. Es werden jedoch bereits Alternativen entwickelt (z.B. Kombinationstherapien), um eine zeitlich begrenzte Therapie zu ermöglichen [9].
Alu et al. (2022): BTK inhibitors in the treatment of hematological malignancies and inflammatory diseases: mechanisms and clinical studies. Journal of Hematology & Oncology. https://doi.org/10.1186/s13045-022-01353-w
Muñoz et al. (2022): Zanubrutinib in lymphoproliferative disorders: a comprehensive review. Therapeutic advances in hematology. https://doi.org/10.1177/20406207221093980
Parmar et al. (2014): Ibrutinib (imbruvica): a novel targeted therapy for chronic lymphocytic leukemia. P & T: a peer-reviewed journal for formulary management. PMID: 25083126; PMCID: PMC4103574
Zucca et al. (2020): Marginal zone lymphomas: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Annals of Oncology. DOI: 10.1016/j.annonc.2019.10.010