Chorea Huntington

Chorea Huntington ist eine genetische Erkrankung des Gehirns. Ursache ist eine Mutation im Huntingtin-Gen. Bislang gibt es keine kausale Therapie. Die Krankheit ist progredient und die Lebenserwartung der Patienten reduziert.

Gehirn

Definition

Die genetische Erkrankung Chorea Huntington ist nach dem New Yorker Arzt George Huntington benannt, der das Krankheitsbild 1872 erstmals beschrieb. Das griechische Wort Chorea bedeutet Tanz und bezeichnet die für die Erkrankung charakteristischen Hyperkinesen, die durch unwillkürliche, plötzliche, unregelmäßige und nicht vorhersehbare Bewegungen der Extremitäten, des Gesichtes, des Halses und des Rumpfes gekennzeichnet sind. Weitere Kennzeichen der Erkrankung sind psychische und kognitive Störungen.

Epidemiologie

Chorea Huntington gehört mit einer Inzidenz von 2-10 Fällen pro 100.000 Einwohner zu den häufigsten erblich bedingten Erkrankungen des Gehirns. Allerdings gibt es regionale Unterschiede. So tritt die Erkrankung beispielsweise in Finnland, China und Japan deutlich seltener auf (Inzidenz 1 auf 100.000 Einwohner). Die Ursache dafür ist nicht bekannt.

Männer und Frauen sind zu gleichen Anteilen betroffen. Der Altersgipfel liegt um das 40. Lebensjahr. Mit zunehmender Anzahl der Triplet-Repeats (siehe dazu Abschnitt „Ursachen“) manifestiert sich die Erkrankung früher.

Ursachen

Chorea Huntington ist eine genetisch bedingte Erkrankung. Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt. Das verantwortliche Gen – auch als Huntingtin-Gen (HTT) bezeichnet – ist auf dem kurzen Arm von Chromosom 4 lokalisiert, der Genlokus ist p16.3. Durch den Gendefekt entsteht ein instabiles Genprodukt, verursacht durch die Amplifikation von Triplet-Repeats (CAG). Die Huntington-Krankheit zählt demnach zu den Trinukleotid-Repeat-Erkrankungen. Als Ursache für die erhöhte Anzahl von Triplet-Repeats vermutet man ein sogenanntes „slippage“, ein Verrutschen der DNA-Polymerase bei der Replikation.

Bei gesunden Menschen wiederholt sich das Basentriplet CAG etwa 10- 26-mal. Bei 27-35 Repeats erkranken die Patienten selbst nicht, aber bei den Kindern dieser Patienten ist die Erkrankungswahrscheinlichkeit um etwa 5% erhöht. Bei 36-39 Repeats liegt eine verminderte Penetranz vor, es erkranken also nicht alle Patienten. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei Kindern dieser Patienten liegt bei 50%. Eine manifeste Erkrankung tritt ab 40 CAG-Repeats auf. Je mehr CAG-Repeats Patienten aufweisen, desto früher kommt es zur Erkrankung. Ab etwa 60 CAG-Repeats tritt die Erkrankung in der juvenilen Form auf, bei welcher der Erkrankungsbeginn vor dem 20. Lebensjahr liegt. Bei der Vererbung der Mutation durch den Vater nimmt die Anzahl der Triplets stärker zu als bei der Vererbung mütterlicherseits, was dann meist mit einer früheren Manifestation einhergeht.

Wird die Mutation in mehreren Generationen nacheinander vererbt, kommt es zu einer Vermehrung der Triplet-Wiederholungen und damit zu einem früheren Erkrankungsbeginn in der folgenden Generation. Dies wird als Antizipation bezeichnet.

Pathogenese

Die CAG-Repeats im Huntingtin-Gen von Menschen mit Morbus Huntington sind instabil. Das entstehende Genprodukt, das Huntingtin-Protein, ist verändert. Diese veränderte Form von Huntingtin scheint toxische Effekte zu haben und es kommt zu Amyloid-ähnlichen Ablagerungen in den betroffenen Zellen. Weiterhin weisen diese Zellen einen gestörten Glukosemetabolismus und dadurch eine gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber oxidativem Stress und dem exzitatorischen Neurotransmitter Glutamat auf. Die Huntington-Krankheit gehört somit zu den neurodegenerativen Erkrankungen, zu denen beispielsweise auch Demenz, Parkinson, Spinale Muskelatrophie (SMA) und ALS zählen.

Der neuronale Untergang beginnt in den GABA-ergen Neuronen im Striatum, langfristig findet er auch im Thalamus und Kortex statt. Aus dem Untergang der Neurone im Striatum resultiert eine verstärkte Hemmung des Nucleus subthalamicus, was wiederum zu einer reduzierten Aktivierung hemmender Neurone in Pallidum und Substantia nigra führt. Insgesamt resultiert hieraus eine verminderte Hemmung des Thalamus, wodurch es zu überschießenden, unwillkürlichen Bewegungen kommt. Im Kortex kommt es im Krankheitsverlauf zu einer Atrophie.

Symptome

Kognitive und psychiatrische Störungen

Die Huntington-Krankheit manifestiert sich zu Beginn häufig mit psychischen Veränderungen, die meist vor den motorischen Symptomen auftreten. Es zeigen sich Affekt- und Verhaltensstörungen, beispielsweise eine vermehrte Reizbarkeit, Depression, Apathie oder Zwangsstörungen. Chorea Huntington geht mit einem erhöhten Suizidrisiko einher. Die kognitiven Fähigkeiten können beeinträchtigt sein. Im Verlauf der Erkrankung entwickelt sich regelmäßig eine Demenz.

Motorische Störungen

Hyperkinesen und Westphal-Variante

Erste Bewegungsstörungen werden von vielen Patienten häufig nicht selbst wahrgenommen. Eine Fremdanamnese ist daher von besonderer Bedeutung. Die plötzlich auftretenden unwillkürlichen Hyperkinesen der distalen Extremitäten und des Gesichts sind die auffälligsten Symptome (beispielsweise Klavierspielbewegungen der Finger, Grimassieren, Chamäleonzunge). Zu Beginn herrschen Hyperkinesen vor, die sich im weiteren Verlauf der Erkrankung zu einer Hypokinesie mit erhöhtem Muskeltonus weiter entwickeln. Eine deutliche Zunahme der Hyperkinesen beim Gehen führt dazu, dass die Patienten gestützt werden müssen. Durch die ständigen Hyperkinesen kommt es zur Rigidität der betroffenen Muskulatur und zu einem erhöhten Energieverbrauch. Dieser führt, zusammen mit den Störungen bei der Nahrungsaufnahme (siehe unten) häufig zu einer Kachexie. Steht die Bewegungsarmut, die sich meist im Verlauf der Erkrankung entwickelt, von Beginn an im Vordergrund, spricht man von der Westphal-Variante. Diese ist meist bei einer frühen Manifestation der Erkrankung vorhanden.

Okulomotorische Störungen und Störungen von Phonation und Nahrungsaufnahme

Bei etwa der Hälfte der Patienten zeigen sich bereits im Frühstadium okulomotorische Störungen, z.B. eine vertikale Blickparese nach oben. Ist die Muskulatur, welche von den kaudalen Hirnnerven innerviert wird, besonders stark betroffen, so ist das Sprechen verwaschen und im Verlauf kaum noch artikuliert. Die Phonation wechselt stoßweise. Die Nahrungsaufnahme wird durch die nicht mehr vorhandene Koordination der Kau- und Schluckbewegungen erschwert. Unwillkürliche Bewegungen der Zunge stoßen die Nahrung immer wieder aus dem Mund. Nur mit großer Mühe ist die Aufnahme breiiger Nahrung möglich.

Vegetative Symptome

Als vegetative Symptome, die bereits initial auftreten, sind Hyperhidrosis (übermäßiges Schwitzen) und Harninkontinenz beschrieben.

Diagnostik

Anamnese und klinische Untersuchung

Eine ausführliche Anamnese inklusive Familien- und Medikamentenanamnese ist zu erheben. Da viele Patienten die Bewegungsstörungen zu Beginn nicht wahrnehmen, ist auch eine Fremdanamnese wichtig, um den genauen Beginn der motorischen Krankheitsanzeichen sicher festlegen zu können.  

Es sind neurologische, neuropsychologische, psychiatrische und internistische Untersuchungen angezeigt.

Bei der neurologischen Untersuchung sollte der Unified Huntington’s Disease Rating Scale total motor score (UHDRS-TMS) erhoben werden. Dieser Score wurde 1996 von der Huntington Study Group entwickelt, um den klinischen Status sowohl bei Patienten mit Chorea Huntington als auch bei Individuen mit dem Risiko für die Huntington-Krankheit zu beurteilen.

Bei der neuropsychologischen Untersuchung sollte u.a. auf psychomotorische Verlangsamung, Gedächtnisstörungen und eine Abnahme des Sprachflusses geachtet werden. Eine formale kognitive Testung nach UHDRS sollte erfolgen. In der psychiatrischen Untersuchung wird beispielsweise auf Anzeichen von Persönlichkeitsveränderungen, Aggressivität, Depression oder Suizidalität geachtet. In der Leitlinie wird die Anwendung der „Problem-Behavior-Assessment“-Skala (PBA-s) empfohlen.

Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der klinischen Symptomatik der betroffenen Patienten. Die choreatischen Bewegungsstörungen sollten zunächst als Symptom eingeordnet werden, denen verschiedene Ursachen zugrunde liegen können. Die verschiedenen Differentialdiagnosen sind zu berücksichtigen.

Differentialdiagnosen bei choreatischen Bewegungsstörungen

Zahlreiche Differentialdiagnosen kommen bei choreatischen Bewegungsstörungen in Betracht. Im Folgenden sind einige Differentialdiagnosen exemplarisch aufgeführt (eine vollständige Auflistung ist der S2k-Leitlinie „Chorea/Morbus Huntington“ zu entnehmen):

Bildgebung

In der zerebralen Bildgebung (cMRT oder bei Kontraindikation cCT) kann eine Atrophie des Nucleus caudatus durch an den Vorderhörnern erweiterte Seitenventrikel nachgewiesen werden. Als Zeichen der Hirnatrophie tritt eine Verbreiterung der Rindenfurche auf. Die zerebrale Bildgebung dient auch dem Ausschluss symptomatischer Ursachen und dem Nachweis von Veränderungen, die pathognomonisch für einige als Differentialdiagnosen in Betracht kommende Erkrankungen sind. Hierzu zählen beispielsweise das „face of the giant panda“-Zeichen bei Morbus Wilson oder das „eye of the tiger“-Zeichen bei Pantothenatkinase-assoziierter Neurodegeneration.

Bei Risikopatienten können in der Positronen-Emissionstomographie (z.B. FDG-PET) bereits Jahre vor Einsetzen der Symptome und vor Auffälligkeiten im CT ein reduzierter Stoffwechsel im Nucleus caudatus und Putamen festgellt werden.

Molekulargenetische Untersuchungen

Die molekulargenetische Untersuchung mit Bestimmung der CAG-Repeats im Huntingtin-Gen erfolgt nach Aufklärung des Patienten und dessen Einwilligung. Die gesetzliche Grundlage ist in Deutschland das Gendiagnostikgesetzt (GenDG). Der Patient muss über sein Recht auf Nichtwissen und das Recht auf Widerruf der erteilten Einwilligung informiert werden.

Der Auftrag zu molekulargenetischen Untersuchung ist durch den betreuenden Arzt möglich. Die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses sollte stets persönlich durch denselben Arzt erfolgen. Bei bestätigter Diagnose muss in Deutschland nach §7 GenDG eine humangenetische Beratung durch einen dafür qualifizierten Arzt angeboten werden.

Weitere Untersuchungen

Im Einzelfall können Schwermetallbestimmungen (Quecksilber, Magnesium, Thallium), Drogentests oder eine Untersuchung des Liquor cerebrospinalis zum Ausschluss von Differentialdiagnosen durchgeführt werden.

Therapie

Bisher (Stand 2020) gibt es keine kausale Therapie für Chorea Huntington. Symptomlinderung und Verlangsamung der Progredienz stehen bei der Therapie im Vordergrund. Derzeit ist auch kein Medikament zur neuroprotektiven Therapie zugelassen. Ein kausaler Therapieansatz durch den Einsatz von Antisense-Oligonukleotiden wird erforscht.

Medikamentöse Therapie

Hyperkinesen

Aktuell sind zur Therapie von choreatischen Hyperkinsen Tiaprid (D2/D3-Dopaminrezeptor-antagonist) und Tetrabenazin zugelassen. Nach derzeitiger Studienlage ist Tetrabenazin am besten zur Therapie geeignet. Der große Nachteil liegt darin, dass als unerwünschte Arzneimittelwirkung eine Depression auftreten kann. Da Patienten mit Chorea Huntington sowieso zu Depressionen neigen, ist diese Nebenwirkung von besonderer Relevanz. In der Leitlinie wird daher empfohlen die antihyperkinetische Therapie mit Tiaprid zu beginnen, bei dem ein günstigeres Nebenwirkungsprofil vorliegt. Tetrabenazin soll laut Leitlinie in Kombination oder als Monotherapie eingesetzt werden, wenn die Behandlungsmöglichkeiten mit Tiaprid hinsichtlich Wirkung und Verträglichkeit ausgereizt sind. Eine Kombination der beiden Präparate kann auch zu einer Dosisreduktion der einzelnen Wirkstoffe genutzt werden, was die Nebenwirkungen reduziert.

Studien zu anderen Dopaminrezeptorantagonisten sind bezüglich ihrer antichoreatischen Wirkung nicht eindeutig und sollten demnach nicht angewendet werden. Haloperidol wurde allerdings in mehreren Studien als wirksam beschrieben.

Als Alternative können auch Antipsychotika angewendet werden. Dabei zeigte Olanzapin in einer Dosierung bis 30 mg/Tag einen günstigen Effekt in einigen kleineren Studien. Die Daten zu Amantadin sind widersprüchlich, es scheint antichoreatisch wirken zu können. Levetiracetam wurde ebenfalls als hilfreich beschrieben. Die Wirkung von Cannabinoiden wie Sativex® oder Nabilon bei motorischen Symptomen wird diskutiert.

Dystonien

Die Therapie von Dystonien bei Chorea Huntington ist schwierig. Tetrabenazin in niedriger Dosierung, Amantadin, Baclofen, Tizanidin und Clonazepam können laut Leitlinie probiert werden.

Bradykinesen, Rigidität

In einzelnen Fallberichten wird über eine Besserung unter L-Dopa, Amantadin oder Pramipexol berichtet. Besonders bei bradykinetischen Patienten und der juvenilen Westphal-Variante können Dopaminagonisten angewendet werden. Das Rotigotin-Pflaster hat sich bei Schluckstörungen bewährt. Psychosen sind als Nebenwirkungen möglich.

Depressionen und Apathie

Die Behandlung von Depressionen wird nach den Grundsätzen der üblichen psychiatrischen Therapie durchgeführt, jedoch sollten keine MAO-Hemmer eingesetzt werden. Diese sind u.a. bei gleichzeitiger Gabe von Tetrabenazin kontraindiziert.

Bei schweren Depressionen scheint die Therapie mit SSRI, besonders mit Venlafaxin, effektiv zu sein. Bei einer leichten Depression kann Sulpirid in einer Dosierung von 50-600 mg täglich eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich um einen nahezu selektiven D2-Antagonisten, so dass neben der antidepressiven Wirkung auch eine Besserung der Hyperkinesen unterstützt wird.

Bestehen gleichzeitig Schlafstörungen, so können Mirtazapin und ggf. Melatonin oder Melatoninagonisten eingesetzt werden.

Bislang gibt es keine evidenzbasierte Therapie der Apathie bei Patienten mit Chorea Huntington.

Psychosen

Antipsychotika sollten angewendet werden. Aussagekräftige Studien zur Therapie bei Chorea Huntington liegen bisher nicht vor. Erfahrungen gibt es zu Haloperidol, Olanzapin, Aripiprazol, Risperidon, Quetiapine, Clozapin und Amisulprid. Besonders bei Amisulprid, Haloperidol und Risperidon (hochdosiert) kommt es zu extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen. Aufgrund der fehlenden extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen kann Clozapin bei schweren Psychosen eingesetzt werden, besonders bei bradykinetisch juvenilen Patienten.

Demenz

Hier sind bislang keine validen Behandlungsempfehlungen möglich. Für den Einsatz von Memantin gibt es keine Evidenz. Cholinesterase-Inhibitoren sind nicht wirksam.

Nicht-medikamentöse Therapieformen

Ernährung

Der Stoffwechsel von Patienten mit Chorea Huntington befindet sich in einem katabolen Zustand. Sie benötigen eine hochkalorische Kost mit ggf. sechs bis acht Mahlzeiten am Tag und ggf. eine hochkalorische Nahrungsergänzung.

Liegen Schluckstörungen vor, kann das Andicken von Flüssigkeiten hilfreich sein. Je nach Verlauf kann eine frühe PEG-Anlage sinnvoll sein.

Psychosoziale Maßnahmen

Die Patienten sollten psychologisch, psychosozial, krankengymnastisch, ergotherapeutisch und logopädisch betreut werden. Zwei Studien konnten eine Verbesserung der Gangsicherheit durch Krankengymnastik belegen.

Weiterhin sollten Angehörige der Patienten auf unterstützende Dienste hingewiesen werden, um Überforderungen zu vermeiden. Auch auf Selbsthilfegruppen (Deutsche Huntington-Hilfe) sollte verwiesen werden.

Nicht-medikamentöse Hilfen

Hier sind Huntington-Sessel, Sturzhelm, der sogenannte Nestbau (Bettrolle zum Kontakt im Rücken, was Unruhe lindert) und Zahnpflege zu beachten. Spezielle Pflegebetten sind erhältlich. Eine Kommunikationshilfe, die sich bei schwer dys- oder anarthrischen Patienten bewährt hat, ist „eline spreekt“ (http://www.elinespreekt.nl/de/).

Prognose

Die Krankheit hat einen chronischen Verlauf. Es können sich Phasen mit einer schubweisen Verschlechterung und stationäre Zwischenphasen abwechseln. Remissionen treten nicht auf. Stress beschleunigt die Erkrankung, während gute Lebensumstände den Verlauf verlangsamen. Im Durchschnitt dauert die Krankheit 12-15 Jahre an, auch bei der juvenilen Form. Selten erreichen die Patienten das 60. Lebensjahr. Die häufigsten Todesursachen sind Ateminsuffizienz und Aspirationspneumonie.

Hinweise

Prädikative genetische Untersuchung von potentiellen Anlageträgern

Personen, die klinisch asymptomatisch sind, bei denen allerdings das Risiko besteht, die Mutation geerbt zu haben, sollte eine Aufklärung anhand der Richtlinien der International Huntington Association angeboten werden. Diese umfasst eine genetische und psychologische Beratung bzw. psychologische Betreuung. Zur prädikativen Diagnostik muss die Person einwilligungsfähig und volljährig sein. In Deutschland dürfen prädikative genetische Untersuchungen nur durch Ärzte durchgeführt werden, die nach §7 GenDG qualifiziert sind.

Zwischen der ersten Beratung und der Testdurchführung sollten laut Leitlinie mindestens vier Wochen liegen. Bis zur Befundmitteilung sollte es den Personen möglich sein, die prädikative Testung zu widerrufen. Hier ist auch der beratende Arzt eingeschlossen, der bis zur Befundmitteilung keine Kenntnis über das Ergebnis haben sollte.

Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik

In Deutschland darf nach §15 Abs. 2 GenDG eine pränatale Diagnostik auf eine spätmanifestierende Erkrankung nicht vorgenommen werden. Die Chorea Huntington wird hier nicht speziell benannt, schließt diese im Regelfall aber ein. Unklar ist die Situation bei einer möglichen Frühmanifestation und im Hinblick auf das Prodromalstadium der Erkrankung. Die Deutsche Huntington-Hilfe zweifelt an der Einordnung als „spätmanifestierende Erkrankung“ im Hinblick auf Manifestationen vor dem 18. Lebensjahr und wegen des langen Prodromalstadiums.

Ob eine Präimplantationsdiagnostik bei Chorea Huntington zulässig ist, wird von der verantwortlichen Ethikkommission nach Antrag des ratsuchenden Paares entschieden.

Quelle:
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