Insomnie ist ein äußerst komplexes Problem, das nicht immer auf organische oder psychische Ursachen zurückgeführt werden kann. Da sie jedoch als Risikofaktor für Unfälle sowie organische und psychische Erkrankungen gilt, muss sie in jedem Fall sehr ernst genommen werden.
Mit Insomnie bezeichnet man Ein- und/oder Durchschlafstörungen sowie frühmorgendliches Erwachen, die die Tagesbefindlichkeit, Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Betroffenen beeinträchtigen. Insomnie kann zu Tagesmüdigkeit, Irritabilität und Nervosität führen. Unbehandelt wirken sich die Schlafstörungen auf die Lebensqualität der Betroffenen aus. Insomnie ist ein Risikofaktor für Depressionen, Angststörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und andere organische Krankheiten. Man unterscheidet Insomnien mit nichtorganischen und organischen Ursachen.
Definition der nichtorganischen Insomnie nach ICD-10
Eine Insomnie ohne organische Ursachen wird wie folgt definiert: Die Schlafstörungen oder eine schlechte Schlafqualität treten wenigstens dreimal pro Woche über einen Monat auf. Die Betroffenen denken viel an ihre Schlafstörung und machen sich übertriebene Sorgen über negative Konsequenzen. Der unbefriedigende Schlaf verursacht entweder einen deutlichen Leidensdruck oder wirkt sich störend auf Alltagsaktivitäten aus.
Epidemiologie
Auf der Grundlage verschiedener epidemiologischer Studien schätzt man, dass in den industrialisierten Gesellschaften rund 10% der Erwachsenen unter einer chronischen Insomnie leiden. In Deutschland berichteten im Rahmen einer Befragung von rund 8.000 Erwachsenen 70% der Befragten, dass sie im vorangegangenen Jahr mindestens einmal unter Schlafstörungen gelitten hätten. Die Schlafstörungen traten bei 30% mehr als dreimal in der Woche auf, aber nur 22% gaben an, dass ihre Schlafqualität schlecht sei. Von einer klinisch relevanten Tagesbeeinträchtigung, wie etwa Müdigkeit oder Erschöpfung, einem entscheidenden Kriterium für die Diagnose Insomnie, berichteten hingegen nur 5,7% der Befragten. Schichtarbeiter haben ein besonders hohes Risiko für Insomnien. Eine Studie zeigte, dass ein Wechsel zu Tagschichten oder zu fixen Schichten die Schlafstörungen verringern konnte.
Schlafstörungen als Konsultationsgrund
Schlafstörungen stellen 1,5% der Konsultationsgründe in Hausarztpraxen dar. Bei den Patienten nimmt das Problem der Insomnie ab der Lebensmitte offensichtlich zu, denn sie suchen häufiger den hausärztlichen Rat wegen Schlafstörungen als jüngere.
Ursachen
Eine Insomnie kann sowohl von nicht-organischen als auch organischen Faktoren verursacht werden. In einigen Fällen kann nicht scharf zwischen nicht-organischen und organischen Ursachen unterschieden werden, z. B. wenn der Patient aus Sorge über seine Erkrankung schlecht schläft.
Nichtorganische Ursachen für Insomnie
Kurzfristige Schlafstörungen können meist auf Stress, sei es negativer wie beispielsweise durch Arbeitsbelastung sowie persönliche Konflikte oder positiver z. B. Vorfreude auf eine Reise, zurückgeführt werden. Sobald der auslösende Stress wegfällt, hören die Schlafstörungen meist von allein auf.
Zur Erklärung von chronischen Schlafstörungen hat sich das 3-P-Modell von Spielmann bewährt, das davon ausgeht, dass es prädisponierende, auslösende und aufrechterhaltende Faktoren (predisposing, precipitating and perpetuating factors) für die Schlafstörungen gibt. Als prädisponierend gelten genetische Veranlagung und/oder epigenetische Einflüsse in Bezug auf die Stressverarbeitung und Persönlichkeitscharakteristika, wie z. B. Neurotizismus oder maladaptiver Perfektionismus. Die Auslöser für die chronische Insomnie sind die gleichen, wie für die kurzfristigen Schlafstörungen. Zu den aufrechterhalten Faktoren gehören nicht zielführende Coping-Strategien, wie beispielsweise die Verlängerung der Bettzeit oder die Kompensation des fehlenden Nachtschlafs durch einen Mittagsschlaf. Diese Strategien reduzieren zwar den Schlafdruck, tragen aber gleichzeitig dazu bei, die Insomnie aufrechtzuerhalten. Neurobiologisch wird außerdem eine chronische Übererregbarkeit (chronisches Hyperarousal) diskutiert, dass eine Herabregulation des Stresssystems verhindert (s. Pathogenese). Eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Insomnie spielen auch Sorgen, bzw. grübeln. Bei den Betroffenen tauchen die beunruhigenden Gedanken vor allem nachts auf und rauben ihnen den Schlaf. Sie können dann ihre Sorgen und Ängste nicht einfach abschalten.
Bedeutende Risikofaktoren für die nichtorganische Insomnie sind Störungen des circadianen Schlaf-Wachrhythmus, z. B. durch Schichtarbeit oder Blindheit, oder psychische Krankheiten wie depressive Erkrankungen und Angststörungen.
Organische Ursachen für Insomnie
Es gibt eine Vielzahl organischer Erkrankungen die Schlafstörungen auslösen können:
stimulierende Substanzen (Koffein und synthetische Substanzen, z.B. Amphetamine, Ecstasy)
Pathogenese
Für die Entstehung einer Insomnie werden genetische Veranlagung, frühkindlicher Stress, einschneidende Lebenserfahrungen, auf die die Betroffenen keinen oder kaum Einfluss hatten, in Verbindung mit der Gehirnstrukturen und -funktionen verantwortlich gemacht. Neuere Untersuchungen legen nahe, dass im Gehirn die Regulation von Emotionen und der Aktivierung des zentralen Nervensystems (Arousal/Hyperarousal) die Regulation des circadianen Rhythmus und die Schlafhomöostase negativ beeinflussen. Ein „überempfindlicher“ Locus coeruleus wird hier als Schlüsselstruktur vorgeschlagen. Die Schlafstörungen können einen Teufelskreis in Gang setzten und die Insomnie verstärken und festigen, weil der Schlafmangel und die schlechte Schlafqualität die Stressbewältigung schwächt, dadurch das Arousal (Hyperarousal) verstärkt, was wiederum einen erholsamen Schlaf verhindert.
Persistierende Schlafstörungen, die mit einem Mangel an erholsamen Schlaf einhergehen, werden als Risikofaktoren für Unfälle und eine Vielzahl von organischen Erkrankungen (z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes, Adipositas, metabolisches Syndrom [umstritten] und kortikale Atrophie bei älteren Menschen) betrachtet. Darüber hinaus gilt Schlafmangel auch als Risikofaktor für psychische Krankheiten (z. B. Depressionen und Angststörungen).
Symptome
Insomnie äußert sich kurz gefasst in Einschlafschwierigkeiten und Durchschlafproblemen. Kennzeichen der Durchschlafprobleme sind häufige Wachperioden, Schwierigkeiten nach den nächtlichen Wachperioden wieder einzuschlafen und/oder frühmorgendliches Erwachen verbunden mit der Unfähigkeit wieder einzuschlafen.
Diese Symptome entziehen sich jedoch der Objektivierung, ausschließlich im Schlaflabor können objektive Befunde erhoben werden. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass der Schlaf, als physiologisches Phänomen, äußert komplex und individuell funktioniert. Wie viele Stunden Schlaf ein Mensch benötigt, ist beispielsweise individuell sehr unterschiedlich. Auch die Schlafstörungen werden vom Patienten subjektiv höchst unterschiedlich erlebt und bewertet. Was bei einem Patienten große Sorgen und Leidensdruck hervorruft, wie zum Beispiel Phasen nächtlichen Wachliegens, beunruhigt andere nicht weiter. Das Ausmaß und die Bedeutung von Schlafstörungen im Einzelfall lassen sich häufig besser über ihre Folgen bei den Betroffenen ermessen. Hierzu gehören:
ständiges Gefühl der Unausgeschlafenheit, „sich wie gerädert fühlen“
Tagesmüdigkeit, Sekundenschlaf
Konzentrationsschwäche, „Watte im Kopf“
Abnahme der Leistungsfähigkeit
Abnahme der Belastbarkeit, ständiges Gefühl der Überforderung
ständige Anspannung, „gestresst sein“
Nervosität, Reizbarkeit, Niedergeschlagenheit
Kopfschmerzen, Muskelverspannungen
Diagnostik
Da Schlafstörungen eine komplexe, organische und nichtorganische Pathogenese haben können, ist eine sorgfältige Anamnese von großer Bedeutung. Abgefragt werden sollten:
Der organische Gesundheitszustand
frühere und aktuelle körperliche Erkrankungen (inklusive Schmerzen, Juckreiz etc.)
Einnahme von Medikamenten, Alkohol, Nikotin, Drogen usw.
bekannte Ergebnisse von Laboruntersuchungen, z.B. Schilddrüsenwerte, Blutbild, Gamma-GT, Leberwerte
bereits durchgeführte Untersuchungen z. B. EEG, EKG, CT/MRT des Schädels nach Klinik
Psychologische Faktoren und soziale Beziehungen
aktuelle und frühere psychische Störungen
Persönlichkeitsfaktoren
Beziehungen und soziale Kontakte
persönliche Situation am Arbeitsplatz
aktuelle Konflikte
Eine gezielte Schlafanamnese
Auslöser inklusive Traumata
Arbeitszeiten/ circadiane Faktoren (Schicht- und Nachtarbeit)
aktuelles Schlafverhalten
Vorgeschichte der Schlafstörung
Schlaftagebuch und andere Instrumente zu Erfassung von Schlafstörungen (s. unten)
In der normalen Praxis entziehen sich Schlafstörungen naturgemäß der direkten ärztlichen Untersuchung. Mithilfe von Fragebögen können systematisch Befunde, wenn auch subjektiv aus Patientensicht, erhoben werden. Regelmäßige Aufzeichnungen des Patienten über das aktuelle Schlafverhalten dokumentieren den Verlauf der Probleme bzw. den Erfolg von therapeutischen Maßnahmen.
Pittsburgher Schlafqualitätsindex (PSQI): Fragebogen dient der Selbsteinschätzung der subjektiven Schlafqualität sowie von Schlafstörungen inkl. Fremdanamnese
Schlaffragebogen A (SF-A): Schlaffragebogen mit 22 Fragen erfasst spezifisch den Schlaf der vorhergehenden Nacht und die Befindlichkeit des Vortags
Abend und Morgenprotokolle (Schlaftagebuch): kontinuierlich geführte Aufzeichnungen dienen der Diagnostik und der Erfassung des Therapieverlaufs
Insomnia Severity Index (ISI): Fragebogen erfasst den Schweregrad von Schlafstörungen
Diagnostische Kriterien für das Vorliegen einer nichtorganischen Insomnie
Wenn folgende Kriterien zutreffen, ist die Wahrscheinlichkeit einer nichtorganischen Insomnie sehr hoch:
Der Patient ist unzufrieden mit der Schlafqualität oder -quantität und berichtet über eines oder mehrere der folgenden Symptome: Einschlafschwierigkeiten, Durchschlafprobleme (häufige Wachperioden, Schwierigkeiten nach den nächtlichen Wachperioden wieder einzuschlafen und/oder frühmorgendliches Erwachen verbunden mit der Unfähigkeit wieder einzuschlafen.
Die Schlafstörungen verursachen ein klinisch signifikantes Leiden oder führen zu Einschränkungen im sozialen und beruflichen Leben, in der Ausbildung oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
Der Schlaf ist mindestens drei Nächte pro Woche gestört.
Die Insomnie besteht seit mindestens drei Monaten.
Der Schlaf ist gestört, obwohl der Patient ausreichend Gelegenheit hat zu schlafen.
Die Insomnie kann nicht besser erklärt werden und tritt nicht ausschließlich im Rahmen einer anderen Schlaf-Wach-Rhythmusstörung auf.
Die Schlafstörungen können nicht auf die Effekte von Substanzen wie beispielsweise Drogen, Alkohol oder Medikamenten zurückgeführt werden.
Psychische und körperliche Komorbiditäten erklären nicht das Auftreten der Insomnie.
Überweisung an Fachärzte für Schlafmedizin
Falls mit den obengenannten Mitteln keine sichere Diagnose gestellt werden kann, sollte der Patient an ein Schlaflabor überwiesen werden. Im Schlaflabor werden zur Diagnostik der Insomnie eine Aktometrie (Erfassung von Bewegungen z. B. beim Verdacht auf Restless Legs Syndrom) und Polysomnographie (s. Indikationen) eingesetzt. Falls der Verdacht auf eine bestimmte organische oder psychische Erkrankung besteht, sollten die entsprechenden Fachärzte hinzugezogen werden.
Indikationen für die polysomnographische Diagnostik:
therapieresistente Insomnie
Verdacht auf Schlafapnoe-Syndrom, Syndrom periodischer Beinbewegungen oder andere organische Ursachen, die nicht bestätigt oder widerlegt werden können.
Schlafstörungen bei Patienten mit Gefährdungspotential für sich und andere z.B. bei Berufskraftfahrern oder Patienten, die mit gefährlichen Maschinen arbeiten
Verdacht auf erhebliche Diskrepanz zwischen subjektiv erlebter Schwere der Insomnie und polysomnographischem Befund
Da es sich bei der Insomnie um eine persistierende Disposition bei häufig erheblicher Co- oder Multimorbidität handelt, sollten alle beteiligten Ärzte miteinander zusammenarbeiten.
Therapie
Von entscheidender Bedeutung im Sinne einer Basistherapie ist die Aufklärung der Patienten über Schlaf und Schlafstörungen. Für viele Patienten ist es beruhigend zu erfahren, dass nach dem Zwei-Prozess-Modell der Schlafregulation (circadianer Prozess – homöostatischer Prozess) nach schlechten Nächten auch wieder gute zu erwarten sind. Dieses Modell kann auch gut erklären, warum Maßnahmen wie Schlafrestriktion und Stimuluskontrolle im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie helfen können. Zur Basistherapie gehört auch, dass die Patienten die Regeln der Schlafhygiene kennen. Die Regeln der Schlafhygiene sollten alle Patienten einhalten, gleichgültig welche Ursache die Insomnie hat oder welche Komorbiditäten mit ihr verbunden sind. Komorbiditäten oder mögliche Ursachen der Insomnie müssen selbstverständlich zusätzlich behandelt werden.
Allgemeine Regeln der Schlafhygiene
ab mittags keine koffeinhaltigen Getränke (Kaffee, Schwarztee, Cola) mehr trinken
Alkohol nicht als Einschlafhilfe einsetzen und möglichst selten konsumieren
keine schweren Mahlzeiten am Abend
regelmäßige körperliche Aktivität
allmähliche Verringerung geistiger und körperlicher Anstrengung vor dem Zubettgehen
ein persönliches Einschlafritual einüben
eine angenehme, ruhige und abgedunkelte Atmosphäre im Schlafzimmer schaffen
in der Nacht nicht die Uhrzeit kontrollieren
Kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie
Therapie der ersten Wahl bei Schlafstörungen bei Erwachsenen ist eine kognitive Verhaltenstherapie für Insomnien (KVT-I). Folgende Verfahren kommen zum Einsatz:
Regeln für einen gesunden Schlaf/Rhythmusstrukturierung: Informationen zu Schlaf und Schlafstörungen, Schlafhygiene, Schlaf-Wach-Rhythmus-Strukturierung, Stimuluskontrolle und Schlafrestriktion zur Erhöhung des Schlafdrucks
kognitive Techniken I: erkennen kognitiver Teufelskreise und sich-selbst-erfüllender-Prophezeiungen, Gedankenstuhl
Abends nur ins Bett gehen, wenn man schläfrig ist.
Das Bett nur zum Schlafen oder für sexuelle Aktivitäten nutzen. Im Bett weder lesen, Handy oder Tablett nutzen, trinken, rauchen oder fernsehen.
Wer nach einer Viertelstunde noch nicht eingeschlafen ist, sollte wieder aufstehen und in ein anderes Zimmer gehen. Das Bett sollte erst wieder aufgesucht werden, wenn man sich schläfrig fühlt.
Wer abermals nicht einschlafen kann, den vorhergehenden Schritt wiederholen.
Immer zur gleichen Zeit morgens aufstehen.
Tagsüber nicht schlafen.
Medikamentöse Therapien
Wenn die KVT-I nicht ausreichend effektiv war oder nicht durchführbar ist, kann eine medikamentöse Therapie kann angeboten werden.
sedierende Antidepressiva: Wenn Kontraindikationen ausgeschlossen wurden und während der Behandlung überprüft werden, können sedierende Antidepressiva kurzfristig in der Insomnietherapie angewendet werden. Wirkstoffe: Doxepin, Agomelatin, Amitriptylin, Trazodon, Trimipramin, Mirtazapin. Für eine Langzeitbehandlung wird aufgrund der Datenlage und potenzieller Nebenwirkungen/Risken keine Empfehlung gegeben.
Antipsychotika: Die Datenlage für den Einsatz von Antipsychotika bei Insomnie ist unzureichend. Angesichts des Nebenwirkungsrisikos werden sie in dieser Indikation nicht empfohlen. Eine Ausnahme wird bei gerontopsychiatrischen Patienten gemacht, sie können mit niedrigpotenten Antipsychotika als Schlafmittel versorgt werden (z. B. Melperon, Pipamperon).
Melatonin wird im Allgemeinen nicht empfohlen, weil die Wirksamkeit bei Insomnien zu gering ist.
Phytopharmaka (z. B. Baldrian, Passionsblume, Melisse, Hopfen usw.): für pflanzliche Produkte zur Behandlung von Insomnien ist die Datenlage zu dünn, um diese Produkte zur Therapie von Schlafstörungen zu empfehlen.
Seit Mitte November 2022 steht mit Daridorexant (Quviviq) ein neuer Wirkstoff zur Behandlung der Insomnie zur Verfügung. Quviviq unterscheidet sich als Orexin-Rezeptorantagonist in seinem Wirkmechanismus von allen bisher zugelassenen Schlafmitteln.
Prognose
Patienten mit diagnostizierter Insomnie leiden meist lange unter ihren Beeinträchtigungen: In einer Studie erklärten 70%, dass sie ihre Probleme seit mindestens einem Jahr bestünden, bei 46% persistierten die Schlafstörungen über drei Jahre.
In einer Studie wurden 3.000 erwachsene Teilnehmer (Insomnie Betroffene und „gute Schläfer“) über einen Zeitraum von fünf Jahren einmal jährlich nach ihrem Schlafverhalten gefragt. In der Kohorte der “guten Schläfer” entwickelten 13,9% während des Studienzeitraums eine Insomnie. Knapp die Hälfte (47%) der Personen mit neu aufgetretener Insomnie hatten in den folgenden Follow-ups weiterhin Schlafstörungen, nur 53% zählten sich nach einer Insomnie-Phase wieder zu den guten Schläfern. Bei den Personen, die von Anfang an über Insomnie litten, berichteten 37,5% bei jedem einzelnen der Follow-up Termine über persistierende Schlafstörungen.
Prophylaxe
Personen, die zu den Risikogruppen zählen (Schichtarbeit, prädisponierende Erkrankungen, Stressbelastung oder vorangegangene Schlafstörungen) sollten auf eine gute Schlafhygiene achten. (s. oben unter Therapie).
Hinweise
Die kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnien kann möglicherweise Depressionen bei älteren Menschen vorbeugen. In einer randomisierten klinischen Studie mit 291 Personen ≥ 60 Jahre führte eine kognitive Verhaltenstherapie der Insomnie zu einer geringeren Wahrscheinlichkeit für das neue oder wiederholte Auftreten einer schweren Depression im Nachbeobachtungszeitraum über 36 Monate.
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