Selektive Noradrenalin-/Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (SNDRI)

Selektive Noradrenalin-/Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (SNDRI) hemmen die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin im synaptischen Spalt. Wirkstoffe dieser Gruppe werden hauptsächlich zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sowie zur Behandlung von Depressionen eingesetzt.

Anwendung

SNDRI können bei folgenden Erkrankungen angewendet werden:

Weiterhin sind sie dafür bekannt als Anorektikum oder als Nicotin-Entwöhnungsmittel wirken zu können. Der Anti-Zigaretten-Effekt konnte bisher allerdings nicht überzeugen.

Wirkmechanismus

SNDRI hemmen die neuronale Wiederaufnahme von Katecholaminen (Noradrenalin und Dopamin) durch Blockade der für die Aufnahme zuständigen Transporter der präsynaptischen Nervenzellen. Durch diese Wiederaufnahmehemmung (Reuptake-Inhibition) erhöht sich die Konzentration der Botenstoffe und ihre Wirkung hält länger an.

Der Mechanismus der antidepressiven Wirkung von Bupropion ist nicht bekannt. Es wird jedoch vermutet, dass seine Wirkung über noradrenerge und/oder dopaminerge Mechanismen verläuft.

Nebenwirkungen

Zu den häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen der SNDRI gehören:

  • Schlaflosigkeit, Nervosität, Kopfschmerzen
  • Appetitverlust
  • Hyperaktivität, hoher Puls
  • Verdauungsbeschwerden
  • Mundtrockenheit
  • Sehstörungen

Wechselwirkungen

Bupropion

  • Bupropion und seine Metaboliten inhibieren potent CYP2D6. Das Interaktionspotenzial mit anderen 2D6-Substraten (Beispiel: typische Antipsychotika, andere SSRI, trizyklische Antidepressiva, Betablocker oder niederpotente Opioide) ist bedeutend.
  • Arzneimittel, die eine metabolische Aktivierung durch CYP2D6 benötigen, um zu wirken (z. B. Tamoxifen), können eine verringerte Wirksamkeit haben, wenn sie zusammen mit CYP2D6-Inhibitoren, wie z. B. Bupropion, angewendet werden
  • Obwohl Citalopram (ein SSRI) nicht in erster Linie über CYP2D6 metabolisiert wird, führte Bupropion in einer Studie zu einem Anstieg der Cmax- und AUC-Werte von Citalopram um 30 % beziehungsweise um 40 %.
  • Bupropion wird vor allem über das Cytochrom-P450-Isoenzym 2B6 (CYP2B6) zu seinem aktiven Hauptmetaboliten Hydroxybupropion verstoffwechselt. Gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die die Metabolisierung von Bupropion über das CYP-Isoenzym 2B6 beeinflussen können (beispielsweise CYP2B6-Substrate: Cyclophosphamid, Ifosfamid und CYP2B6-Inhibitoren: Orphenadrin, Ticlopidin, Clopidogrel), kann erhöhte Bupropion-Plasmaspiegel und niedrigere Plasmaspiegel des aktiven Metaboliten Hydroxybupropion zur Folge haben.
  • Da Bupropion extensiv metabolisiert wird, ist Vorsicht angezeigt, wenn Bupropion gleichzeitig mit Arzneimitteln angewendet wird, von denen bekannt ist, dass sie die Metabolisierung induzieren (z. B. Carbamazepin, Phenytoin, Ritonavir, Efavirenz) oder hemmen (z. B. Valproat), da diese möglicherweise die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von Bupropion beeinflussen.
  • Hemmstoffe der Monoaminoxidase A und B verstärken über einen anderen Mechanismus als Bupropion ebenfalls die katecholaminergen Stoffwechselwege. Die gleichzeitige Anwendung von Bupropion und Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmer) ist kontraindiziert Zwischen dem Ende einer Behandlung mit irreversiblen MAO-Hemmern und dem Beginn der Behandlung mit Bupropion müssen mindestens 14 Tage vergehen. Bei reversiblen MAO-Hemmern ist ein Zeitraum von 24 Stunden ausreichend.
  • Die gleichzeitige Anwendung von Digoxin mit Bupropion kann die Digoxinspiegel senken. Dem behandelnden Arzt sollte bewusst sein, dass die Digoxinspiegel bei Absetzen von Bupropion wieder ansteigen können und der Patient sollte im Hinblick auf eine mögliche Digoxintoxizität überwacht werden.
  • Bupropion sollte mit Vorsicht bei Patienten angewendet werden, die gleichzeitig andere Arzneimittel erhalten, von denen bekannt ist, dass sie die Anfallsschwelle senken, da das Risiko von Anfällen während der gleichzeitigen Anwendung steigt (z.B. Antipsychotika, Antidepressiva, Antimalariamittel, Tramadol, Theophyllin, systemische Steroide, Chinolone und sedierende Antihistaminika).
  • In einer Reihe von Studien an gesunden Probanden verringerten Ritonavir die verfügbare Konzentration von Bupropion und seinen Hauptmetaboliten dosisabhängig. Ebenso verringerten Efavirenz die verfügbare Konzentration von Bupropion. Die klinischen Folgen der verringerten verfügbaren Konzentration sind unklar, können aber eine verminderte Wirksamkeit in der Behandlung einer depressiven Erkrankung (Episoden einer Major Depression) umfassen.
  • Die Anwendung von Bupropion bei Patienten, die gleichzeitig entweder Levodopa oder Amantadin erhalten, muss mit Vorsicht erfolgen. Begrenzte klinische Daten lassen auf eine höhere Inzidenz von Nebenwirkungen (z. B. Übelkeit, Erbrechen und neuropsychiatrische Auffälligkeiten bei Patienten schließen, die Bupropion gleichzeitig mit entweder Levodopa oder Amantadin erhalten.
  • Es gibt seltene Berichte über neuropsychiatrische Nebenwirkungen oder eine verminderte Alkoholtoleranz bei Patienten, die während der Behandlung mit Bupropion Alkohol zu sich nahmen. Der Alkoholkonsum sollte während der Behandlung mit Bupropion auf ein Minimum beschränkt oder vermieden werden.
  • Die gleichzeitige Anwendung von Bupropion und einem System zur transdermalen Nikotinapplikation kann zu einem Blutdruckanstieg führen.

Methylphenidat

  • Methylphenidat wird nicht in klinisch relevantem Ausmaß von CYP450 abgebaut. Induktoren oder Hemmer des Cytochroms P450 Systems haben voraussichtlich keinen relevanten Einfluss auf die Pharmakokinetik von Methylphenidat.
  • Es liegen Berichte mit Hinweisen vor, dass Methylphenidat den Metabolismus von Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ, Antikonvulsiva (z. B. Phenobarbital, Phenytoin, Primidon) und einigen Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva und selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren) hemmen kann.
  • Methylphenidat kann die antihypertensive Wirkung von Arzneimitteln zur Behandlung von Bluthochdruck abschwächen.
  • Vorsicht ist geboten, wenn mit Methylphenidat behandelte Patienten mit einem anderen Wirkstoff behandelt werden sollen, der ebenfalls den Blutdruck erhöhen kann.
  • Wegen des Risikos einer möglichen hypertensiven Krise ist Methylphenidat bei Patienten, die (derzeit oder in den vorhergehenden 2 Wochen) mit nicht-selektiven, irreversiblen MAO-Hemmern behandelt werden, kontraindiziert.
  • Alkohol kann die ZNS-Nebenwirkungen von psychoaktiven Arzneimitteln einschließlich Methylphenidat verstärken. Daher ist es während des Behandlungszeitraums für die Patienten angebracht, keinen Alkohol zu sich zu nehmen.
  • Während einer Operation besteht das Risiko einer plötzlichen Erhöhung des Blutdrucks oder der Herzfrequenz. Wenn eine Operation geplant ist, sollte Methylphenidat nicht am Tag der Operation angewendet werden.
  • Die Sicherheit der Langzeitanwendung von Methylphenidat in Kombination mit Clonidin oder anderen zentralwirksamen alpha-2-Agonisten wurde nicht systematisch untersucht.
  • Bei der Anwendung von Methylphenidat zusammen mit dopaminergen Wirkstoffen einschließlich antipsychotisch wirksamen ist Vorsicht geboten. Da die Erhöhung der extrazellulären Dopaminkonzentrationen zu den vorrangigen Wirkungen von Methylphenidat gehört, kann die Substanz zu pharmakodynamischen Wechselwirkungen führen, wenn sie gleichzeitig mit direkten und indirekten Dopaminagonisten (einschließlich DOPA und trizyklischen Antidepressiva) oder mit Dopaminantagonisten (einschließlich Antipsychotika) verabreicht wird.

Kontraindikationen

  • Überempfindlichkeit gegen den jeweiligen Wirkstoff
  • Krampfanfällen (epileptische Anfälle) in der Anamnese: Bupropion kann die Krampfschwelle senken
  • Tumor des zentralen Nervensystems (ZNS)
  • Vorbestehende zerebrovaskuläre Erkrankungen, wie z. B. zerebrale Aneurysmen, Gefäßabnormalitäten einschließlich Vaskulitits oder Schlaganfall
  • Patienten, die zu irgendeinem Zeitpunkt der Behandlung einen abrupten Entzug von Alkohol oder irgendeinem anderen Arzneimittel durchführen, von dem bekannt ist, dass ein Entzug mit dem Risiko des Auftretens von Krampfanfällen verbunden ist (insbesondere Benzodiazepine oder Benzodiazepin-ähnliche Arzneimittel).
  • Patienten mit schwerer Leberzirrhose
  • Glaukom
  • Phäochromozytom
  • Diagnose oder Anamnese von schwerer Depression, Anorexia nervosa/anorektische Störungen, Suizidneigung, psychotischen Symptomen, schweren affektiven Störungen, Manie, Schizophrenie, psychopathischen/Borderline-Persönlichkeitsstörungen
  • Patienten, die derzeit an Bulimie oder Anorexia nervosa leiden oder bei denen eine dieser Erkrankungen in der Vergangenheit diagnostiziert wurde.
  • Die gleichzeitige Anwendung von Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern oder MAOIs). Zwischen dem Ende einer Behandlung mit irreversiblen MAO-Hemmern und dem Beginn der Behandlung mit Bupropion beta müssen mindestens 14 Tage vergehen. Bei reversiblen MAO-Hemmern ist ein Zeitraum von 24 Stunden ausreichend.
  • Hyperthyreose oder Thyreotoxikose
  • Vorbestehende Herz-Kreislauferkrankungen einschließlich schwerer Hypertonie, Herzinsuffizienz, arterieller Verschlusskrankheit, Angina Pectoris, hämodynamisch signifikanter, angeborener, Herzfehler, Kardiomyopathien, Myokardinfarkt, potenziell lebensbedrohender Arrhythmien und Kanalopathien (Erkrankungen, die aufgrund von Dysfunktionen der Ionenkanäle verursacht wurden)

Hinweise

Herz-Kreislaufstatus

Bei Patienten, für die eine Behandlung mit Stimulanzien in Betracht kommt, sollte eine sorgfältige Anamnese erhoben werden (einschließlich Beurteilung der Familienanamnese auf plötzlichen Herz- oder unerwarteten Tod oder maligne Arrhythmien) und eine körperliche Untersuchung auf bestehende Herzerkrankungen durchgeführt werden.

Krampfanfälle

SNDRI dürfen nur mit Vorsicht bei Patienten mit Epilepsie angewendet werden, da sie die Krampfschwelle senken können.

Fehlgebrauch, Missbrauch und Zweckentfremdung

Patienten sollten sorgfältig hinsichtlich Zweckentfremdung, Missbrauch und Fehlgebrauch von von SNDRI überwacht werden.

Drogenscreening

Methylphenidathaltige Arzneimittel können zu einem falsch positiven Laborwert für Amphetamine führen, insbesondere bei Verwendung von Immunoassay-Methoden.

Da Bupropion eine Amphetamin-ähnliche chemische Struktur aufweist, beeinflusst es die Untersuchungsmethode, die in einigen Urindrogenschnelltests verwendet wird. Dies kann, insbesondere für Amphetamine, zu falsch positiven Resultaten führen. Ein positives Ergebnis sollte normalerweise durch eine spezifischere Methode bestätigt werden.

Suizid/Suizidgedanken oder klinische Verschlechterung

Depressive Erkrankungen sind mit einem erhöhten Risiko für die Auslösung von Suizidgedanken, selbstschädigendem Verhalten und Suizid (Suizid-bezogene Ereignisse) verbunden. Dieses erhöhte Risiko besteht, bis es zu einer signifikanten Linderung der Symptome kommt. Da diese nicht unbedingt schon während der ersten Behandlungswochen auftritt, sollten die Patienten daher bis zum Eintritt einer Besserung engmaschig überwacht werden.

Wirkstoffe

Zu den NDRI zählen die Wirkstoffe:

  • Amineptin (in Deutschland ist Amineptin laut Anlage II zu § 1 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz ein verkehrsfähiges, aber nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel)
  • Bupropion
  • Methylphenidat
Quelle:
  1. Pharmakologie und Toxikologie, Heinz Lüllmann, Klaus Mohr, Martin Wehling, Lutz Hein; 18. Auflage, Thieme
  2. Fachinformation: Methylphenidat - 1 A Pharma
  3. Fachinformation: Bupropion beta
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